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Lieferschwellen und umsatzsteuerliche Regelungen sind ein leidiges Thema für E-Commerce Händler. Besonders kompliziert wird es, wenn Unternehmen ins EU-Ausland versenden, oder ihre Waren in einem anderen EU-Land in einem Fulfillment Center lagern. Im folgenden Blogbeitrag klären wir Dich darüber auf, welche Aspekte Du als Online Shop im Cross-Border E-Commerce beachten musst.

Überschreitung von Lieferschwellen

Grundsätzlich werden die Waren in jenem EU-Land versteuert, aus welchem sie verschickt werden - also dem Ursprungsland der Lieferung. Angenommen Du bist mit Deiner Firma in Deutschland registriert und verschickst an einen Privatkunden, der ebenfalls in Deutschland sitzt, dann führst Du die Umsatzsteuer an das Dir vertraute Finanzamt im Inland ab.

Wenn die Paketsendung jedoch in ein anderes EU-Land geht und die Grenze überschreitet, dann kann es sein, dass Du die Umsatzsteuer im Empfängerland abführen musst. Das hängt davon ab, wie hoch die Lieferschwelle in dem jeweiligen Staat ist und ob Du diese bereits überschritten hast.

Doch was sind eigentlich diese Lieferschwellen?

Wenn beim grenzüberschreitenden Verkauf an Endverbraucher in einem anderen EU-Land ein bestimmter Umsatz-Schwellenwert überschritten wird, dann verlagert sich der Ort der Umsatzsteuerpflicht in jenes Bestimmungsland. Dieser Schwellenwert, auch Lieferschwelle genannt, liegt bei den meisten EU-Staaten bei 35.000 Euro netto und bezieht sich immer auf das aktuelle Kalenderjahr. Der Nettoumsatz, der berücksichtigt wird, setzt sich übrigens aus Nettobeträgen von dem Entgelt für die Ware sowie die Versand- und Verpackungskosten zusammen. Außerdem ist es wichtig für Online Händler zu wissen, dass Lieferungen an Unternehmen, also B2B-Lieferungen, nicht eingerechnet werden.

Sobald Du die Lieferschwelle überscheitest, musst Du die darauffolgenden Umätze im verbleibenden Kalenderjahr im Bestimmungsland besteuern.

Eine Auflistung mit allen Lieferschwellen der EU-Mitgliedsstaaten kannst du hier finden. Vorsicht: ab 2021 werden jedoch voraussichtlich neue Regelungen in Kraft treten und die Schwellenwerte in der Europäischen Union auf 10.000 Euro herabgesetzt.

Guide Zum Grenzüberschreitenden E-Commerce in Der Europäischen Union

Fehler, die im E-Commerce gemacht werden

Insbesondere internationale Online Händler, die grenzüberschreitend in mehreren Fulfillment Centern ihre Waren lagern, laufen oft Gefahr bei den steuerlichen Regelungen Fehler zu begehen. Zum Beispiel, wenn aus unterschiedlichen Logistik Lagern, die sich in verschiedenen Staaten innerhalb der Europäischen Union befinden, Paketsendungen in ein bestimmtes EU-Land verschickt werden. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass es nur eine einzige Lieferschwelle für dieses Bestimmungsland gibt und das Ursprungsland der Lieferung irrelevant ist.

Konkretes Beispiel:
Du benutzt Amazon FBA und Deine Waren werden in Tschechien und Polen eingelagert. Viele Deiner Kunden sitzen in Österreich und Du hast Waren im Wert von 20.000 Euro netto von Tschechien nach Österreich verkauft, aber teilweise werden die Produkte auch aus Polen nach Österreich geschickt. Bei einer Lieferschwelle von 35.000 Euro bedeutet das, dass Du durch den Versand aus dem polnischen Lager noch einen Nettoumsatz von maximal 15.000 Euro in Österreich generieren kannst, ohne in dem Bestimmungsland die Umsatzsteuer abzuführen. Solltest Du diese Lieferschwelle überschreiten, tritt die Steuerpflicht in Österreich für Dich als Online Händler ein.

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Lieferschwellen und ihre Sinnhaftigkeit für Online Händler

Einerseits sollen Lieferschwellen, die in der Praxis Verhandelsregelung genannt werden, Steuerdumping von Online Händlern verhindern. Ohne gesetzliche Regelung würden sich Händler verständlicherweise in jenen EU-Staaten niederlassen, in welchen die niedrigsten Umsatzsteuersätze gelten. Auf diese Weise würden sie die Umsatzsteuer nur im Ursprungsland der Lieferung abführen und der Bestimmungsort der Paketsendung wäre irrelevant.

Andererseits verhindert diese EU-Regelung auch, dass sich Klein- und Mittelunternehmen, ab dem ersten Euro Umsatz, in einem anderen EU-Staat steuerlich registrieren und die Umsatzsteuer dort abführen müssen. Das würde nicht nur den internationalen Versand stark einschränken und verzögern, sondern wäre zusätzlich mit hohen Kosten und administrativer Arbeit verbunden.



Verzicht auf die Lieferschwelle

In manchen Fällen, kann es sinnvoll sein von Anfang an auf die Lieferschwelle verzichten. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn Du als Online Shop Deine Waren in einem EU-Land lagerst, in welchem die Umsatzsteuer höher ist als in jenem Staat, in welchen Du viele Sendungen verschickst und so einen Großteil deines Umsatz generierst.

Beachte jedoch, dass Du anschließend gemäß dem Umsatzsteuerrecht für zwei Kalenderjahre an diesen Verzicht gebunden bist und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch das Recht haben diesen Zeitraum zu verlängern. Solltest Du also diese Vorgehensweise interessant finden, empfiehlt es sich im jeweiligen Land nochmal genau zu recherchieren.

steuerliche regelegung für inernationales fulfillment, unterschrift eines vertrages

Grenzüberschreitendes E-Commerce Fulfillment

Die grenzüberschreitende Einlagerung von Waren in verschiedenen Fulfillment Centern stellt Online Händler vor große Herausforderungen. Diese ist jedoch nicht nur für Unternehmen, die Amazon FBA benutzen, sondern auch für größere internationale Online Shops wichtig. Durch eine wohl überlegte Verteilung der Produkte auf Basis der geografischen Verteilung der Nachfrage, kann man so die Versandkosten und -dauer reduzieren. Das ermöglicht einem Webshop seinen Kunden einen versandkostenfreien und schnellen Versand anzubieten.

Grundsätzlich müssen Waren, die in ein ausländisches Fulfillment Center geliefert werden, in dem jeweiligen Staat steuerlich registriert werden und die Firma sich um eine Umsatzsteuer-Voranmeldung kümmern. Im Gegensatz zu den Lieferschwellen, gilt diese Regelung ab dem ersten Produkt und ist unabhängig vom Warenwert. Eine solche Aktivität fällt nämlich unter “innergemeinschaftliche Verbringung”, bei welcher ein Produkt von einem EU-Land in ein anderes geliefert wird. Um Steuerhinterziehung zu vermeiden, hat die Europäische Union eine Vielzahl an gesetzlichen Regelungen implementiert, die die Erfassung solcher Warenströme sicherstellt.

Diese Lieferung hat im Grunde keine zahlungswirksamen steuerlichen Auswirkungen, jedoch ist die Theorie dahinter etwas komplizierter:

  1. Als Online Händler muss man diese “innergemeinschaftliche Verbringung” im Heimatland deklarieren und in diesem Zusammenhang auch eine Rechnung erstellen. Da das Unternehmen in diesem Fall eine Rechnung an sich selbst stellt, handelt es sich sich hierbei um eine Pro-Forma-Rechnung.
  2. Gleichzeitig ist ein Händler dazu verpflichtet in dem Land, in welches die Ware in das Fulfillment Center geliefert wird, die Lieferung als innergemeinschaftlichen Erwerb im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu deklarieren. Durch den Vorsteuerabzug kann die Umsatzsteuer, die für diesen Erwerb anfällt, rückerstattet werden. Dadurch fallen für den Händler keine zusätzlichen Kosten an, jedoch weiß die Finanzverwaltung in dem jeweiligen Land auf diese Weise, dass die Waren in diesem Land gelagert und verkauft werden.

Die harmonisierten Regelungen für die Umsatzsteuer auf europäischer Ebene sehen also für Online Händler vor, dass die Umsatzsteuer unabhängig vom Unternehmenssitz, in jenem Land abzuführen sind, in welchem das E-Commerce Fulfillment stattfindet und folglich die Versendung an den Endkunden beginnt.

Zusatzinfo:
Wenn Du regelmäßig Waren innerhalb der EU verlagerst, um sie in entsprechenden Fulfillment Centern anzuliefern, kann es sein, dass der Wert Deiner innergemeinschaftlichen Verbringungen einen gewissen Schwellenwert überschreitet. Diese müssen dann gemeldet werden, da die Warenbewegungen innerhalb der EU verzeichnet werden - diese Meldepflicht ist jedoch nicht für alle EU-Staaten gleich. Mehr Informationen zum Thema und den gesetzlichen Meldepflichten findest Du für Österreich bzw. Deutschland hier:

Fazit

Die Wahl eines passenden Logistik Partners für die Abwicklung des E-Fulfillments hat für Online Händler bedeutende Auswirkungen auf die steuerlichen Verpflichtungen. Dabei ist nicht der Firmensitz, sondern das Land, in welchem die Waren gelagert werden, entscheidend. Außerdem müssen Online Shops beim grenzüberschreitenden Paketversand innerhalb der Europäischen Union die Lieferschwellen berücksichtigen, wodurch die Umsatzsteuerpflicht sich in ein anderes Land verlagern kann.