Jeder Manager hat es in der einen oder anderen Form schon selbst erlebt: Verschiedene Abteilungen machen “ihr eigenes Ding”, reden aneinander vorbei oder schaffen es ganz einfach nicht alle Beteiligten mit den aktuellsten Informationen und Entwicklungen zu versorgen. Das führt zu Effizienzverlusten innerhalb eines Unternehmens und verursacht laufend hohe Kosten (laut einer Studie betragen die Kosten durch schlechte Kommunikation für Unternehmen mit 100 Mitarbeitern durchschnittlich 420 000$ pro Jahr). Mithilfe von ERP Systemen können E-Commerce Unternehmen, die stark wachsen, genau diese und auch andere Herausforderungen erfolgreich überwinden.
Genau aus diesem Grund beschäftigen sich immer mehr E-Commerce Unternehmen mit ERP Systemen, trotzdem herrscht bei diesem Thema oft noch Unklarheit. Deswegen haben wir einen Beitrag verfasst, der Entscheidungsträgern im E-Commerce helfen soll, einen besseren Überblick zu bekommen.
Der Begriff ERP ist vielen Geschäftstreibenden bekannt, doch was ist ein ERP System überhaupt? ERP steht für Enterprise Ressource Planning und ist eine funktionsübergreifende Software, die alle Geschäftsbereiche innerhalb eines Unternehmens unterstützt. In einer Organisation hilft ERP, die Geschäftsprozesse verschiedener Abteilungen und Funktionen durch die zentralisierte Anwendung zu verwalten. Dadurch stehen allen Abteilungen jederzeit aktuelle Informationen zur Verfügung. Es ermöglicht größere Transparenz und einheitliches Handeln innerhalb eines E-Commerce Unternehmens.
Ein Vergleich mit einem Betriebssystem veranschaulicht ERP Systeme gut. So hast Du etwa Windows auf Deinem Computer oder IOS auf Deinem Smartphone. Diese Systeme ermöglichen es Dir verschiedene Apps auf diesen Geräten zu installieren und zu nutzen. Ähnlich dazu funktioniert ein ERP System, auf dessen Plattform dann Deine verschiedenen “Apps” wie Marketing, Accounting, HR, Sales, Bestandsmanagement und ähnliches arbeiten.
Fehlende Daten führen oft dazu, dass Fehler unbemerkt bleiben. Ein ERP System hilft dabei verschiedene Entwicklungen im Blick zu behalten, um in Echtzeit reagieren zu können. Vergleichbar ist das etwa mit der Fähigkeit den Motor eines Autos während der Fahrt kontrollieren und so rechtzeitig eine Entscheidung treffen zu können, ob man lieber an den Straßenrand oder in die Werkstatt fahren soll. Umgelegt auf das Unternehmen, kann eine Management-Entscheidung unter Betrachtung des Gesamtbildes des Online-Shops getroffen werden, das Entscheidungsträgern im E-Commerce durch das Enterprise Ressource Planning System zur Verfügung steht.
Auf diese Frage gibt es wie so oft keine pauschale Antwort. Wie immer ist diese Entscheidung von Unternehmen zu Unternehmen individuell zu entscheiden. Was allerdings feststeht ist, dass ein ERP System gerade im Bereich des Onlinehandels viele Prozesse vereinfachen kann. Am besten kann die Nützlichkeit im E-Commerce durch ein kurzes Beispiel veranschaulicht werden: Stell Dir vor, Du verkaufst Fußbälle. Tätigt ein Kunde einen Kauf über Deinen Online-Shop, nimmt ein ERP System alle nötigen Daten Deines Kunden auf, und speichert sie in einer großen Datenbank.
Zur gleichen Zeit wird automatisch geprüft, ob der Ball überhaupt vorrätig ist. Nach der Bestätigung wird ohne Zeitverlust und ohne menschlichen Arbeitsaufwand das Produkt virtuell zur Seite gelegt und die Information an den Verantwortlichen für den Versand weitergeleitet. Zusätzlich werden noch die Versandadresse, Packzettel und Versandetikette verschickt - immer noch in Echtzeit und ohne manuellen Aufwand.
Gleichzeitig wird der Bestand im System reduziert und die Produktion informiert, dass weitere Ware produziert werden sollte. Besonders, wenn man Omni- oder Multichannel Händler ist und damit über verschiedene Kanäle Produkte verkauft, erhöht sich die Komplexität für diese Prozesse exponentiell, wodurch ein ERP System oft unerlässlich wird.
Alleine an diesem vereinfachten Beispiel lässt sich schon das Potenzial eines ERP Systems im E-Commerce erahnen. Auch wenn das noch lange nicht bedeutet, dass jeder Online-Shop ein solches ERP System nutzen sollte, zumal es auch andere Automatisierungs-Tools wie etwa Zapier gibt, ist ein ERP System in vielen Fällen eine optimale Lösung für Online-Shops.
Online-Shops haben meistens das Bedürfnis ein ERP System zu finden, das eine Anbindung oder Integration für das jeweilige Shopsystem, wie etwa Shopify, Magento oder Plentymarkets verfügt. Zunächst einmal muss eine Unterscheidung zwischen einer Integration und einer Anbindung getroffen werden, die fälschlicherweise oft synonym gebraucht werden. Denn eine Integration geht viel weiter als eine Anbindung. Dadurch entstehen sowohl Vor- als auch Nachteile.
Um das Konzept besser zu verstehen, kann man es mit einem Vergleich veranschaulichen. In diesem Vergleich kann man sich die Integration so vorstellen, wie einen WG-Mitbewohner: Dieser nutzt gemeinsam mit Dir das Wohnzimmer, die Küche und das Badezimmer. Ihr seht euch beinahe täglich, könnt im besten Fall von gemeinsamen Einkäufen profitieren und teilt euch die Miete. Durch dieses Zusammenleben können aber auch Reibungen entstehen. So haben vielleicht nicht beide dieselben Vorstellungen davon wann die Wohnung sauber ist, oder einer von euch hat gerne Ruhe in der Früh, während der andere die Ruhe am Abend mehr genießt. Hier sollte man also besonders viel Acht darauf geben, mit wem man zusammenzieht.
Eine Anbindung ist vergleichbar mit der Hilfe von Außen. Vergleichbar dazu wäre etwa eine Reinigungskraft, die zur Hilfe für bestimmte Aufgaben gerufen wird. Hier gibt es weniger Konfliktpotenzial, und die Reinigungskraft muss sich nicht speziell auf Deine Persönlichkeit anpassen. Sie erledigt die Arbeit und verlässt dann wieder die Wohnung. Diese ist also eher oberflächlich und unkompliziert, jedoch kann man dadurch auch nicht von der freundschaftlichen Beziehung, wie sie bei dem Mitbewohner besteht, profitieren.
Egal ob es sich um eine Anbindung oder um eine Integration handelt, die meisten ERP Systeme sind mit einer Großzahl an Shopsystemen, wie bereits genannt etwa Shopify, WooCommerce, Shopware, Magento und viele mehr kompatibel. Danrüber hinaus sind weitere Anbindungen, wie etwa jene zu Fulfillment Dienstleistern, von entscheidender Bedeutung.
Trotz der nicht ganz aktuellen Zahlen, geben diese Erkenntnisse einen guten Anhaltspunkt.
Der Aufwand einer Integration eines ERP Systems sollte nicht unterschätzt werden. Es kann zeitaufwendig, kostspielig und schwierig sein, Daten zu übertragen und einen bestimmten Level an Qualität über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.
Eine ERP System wird nicht von heute auf morgen in einem Unternehmen eingeführt. Die Implementierung benötigt einen beträchtlichen Zeit- und Kraftaufwand. Solltest Du Dich zugunsten einer solchen Software entscheiden, plane stets realistisch und denk dran, dass nicht immer alles nach Plan läuft. Im oben genannten Bericht geben bei einer Umfrage nur 21% der Unternehmen an, die Implementierung innerhalb der geplanten Zeit abgeschlossen zu haben.
Damit ein solches System seinen Sinn erfüllt, muss jeder Mitarbeiter über die Implementierung informiert werden und dieses in weiterer Folge auch nutzen. Das benötigt häufig Trainings und Schulungen. Hier ist es essentiell, dass jeder versteht wie das ERP System funktioniert und warum es genutzt werden soll. Nicht selten gibt es Widerstand vonseiten einzelner Mitarbeiter, die nicht all ihre Informationen teilen möchten. Dies schränkt die Wirksamkeit eines ERP Systems beträchtlich ein.
Die oft teure und aufwendige Implementierung des ERP Systems trägt nicht sofort Früchte. Hier gilt es geduldig zu bleiben und realistische Erwartungen zu haben. Denn die Vorteile werden in den meisten Fällen erst auf lange Sicht erkennbar. Glaubt man der Forschung der Aberdeen Group erreichen ERP Systeme ihre maximale Nützlichkeit nach 7 Jahren
Die Möglichkeit ERP Systeme auf die eigenen Anforderungen anzupassen ist ein Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite ist diese Option mit der Grund für die Nützlichkeit dieser Softwares, auf der anderen Seite gibt es aber auch Nachteile bzw. Probleme die damit einhergehen können. Zum einen nehmen viele Anpassungen naturgemäß viele Ressourcen in Anspruch, zum anderen können zu viele Anpassungen die größten Stärken der Software sozusagen aushebeln. Zusätzlich können etwaige Updates in der Zukunft erschwert werden. Als Faustregel kann man hier von Anpassungen von 20% sprechen, die man nicht überschreiten sollte. Es ist also wichtig von Anfang den Fokus darauf zu legen ein individuell passendes ERP System zu nutzen.
Es steht außer Frage, dass ERP Systeme ein mächtiges Werkzeug sein können, um ein Unternehmen voranzubringen. Die zahlreichen Möglichkeiten, die es mit sich bringt, führen aber auch zu einer hohen Komplexität. Oft sind die Systeme zu groß und eben auch zu komplex um die Prozesse eines Unternehmens effizient zu erfassen. In diesen Fällen kommen dann häufig auch wieder Mitarbeiter als Problemquelle ins Spiel, die sich aufgrund der komplizierten Funktionsweise “quer stellen”.